In ihrer neuen Einzelausstellung ADRESS eröffnet Louise Walleneit einen vielschichtigen Resonanzraum für Erinnerungen, Bewegungen und Transformationen. Im Zentrum steht das textile Medium als Zeugnis von Flucht, Aufbruch und Ankunft – als mobile Architektur des Übergangs, als fragiles wie widerständiges Gefüge zwischen Körper, Zeit und Raum.
Auf der Grundlage persönlicher wie kollektiver Erfahrungsberichte, Tagebuchaufzeichnungen ihrer Großmutter und partizipativer Recherchen thematisiert die Künstlerin die tiefgreifenden Auswirkungen von Migration auf physische wie mentale Räume. Die Ausstellung verbindet Textilien, Fotografie, Video, olfaktorische Objekte und erstmals auch Beton – ein Material, das der Flüchtigkeit des Erinnerns eine körperliche Schwere entgegensetzt. Im Zentrum steht eine immersive Installation: Ein textiler Nachbau des Galerieraums wird zur begehbaren Hülle, zum Innenfutter eines Ortes, der sich durch die Bewegungen der Besuchenden ständig neu schreibt. Die Ausstellung wird so zu einem begehbaren Archiv gelebter Geschichte(n), in dem Raum nicht nur als Ort, sondern als Mitträger emotionaler und kultureller Identität erfahrbar wird. Im Zusammenspiel von ästhetischer Reflexion und künstlerischer Forschung lädt ADRESS dazu ein, über Raum nicht nur als Gegebenheit, sondern als wandelbares, durchlässiges und umkämpftes Konstrukt nachzudenken.
Raum wird hier zum (unbe-)ständigen Begleiter von Lebenswegen, zum Materialisierer von Nähe und Distanz, zum Akteur im Zwischenmenschlichen – im Spannungsfeld zwischen Verortung und Entwurzelung, zwischen Geschichte und Jetztzeit.
Der Titel ADRESS spielt mit Mehrdeutigkeiten: Er verweist auf Adressen als Orte des Ankommens und Verweilens, ebenso wie auf das Kleid als tragbare Form von Zuhause – als Hülle, die adressiert, ohne zu benennen. Ein Raum zwischen Zeigen und Sagen, zwischen Innen und Außen, zwischen Fragilität und Form.
Louise Walleneit ist Professorin für Textilkunst und Kunst im öffentlichen Raum an der Hochschule für Angewandte Kunst Schneeberg (Westsächsische Hochschule Zwickau). Ihre Arbeiten bewegen sich an der Schnittstelle von empfindsamen Architekturen, sozialer Raumgestaltung und transdisziplinärer Materialforschung. Nach intensiver Forschungszeit im Rahmen ihres Ph.D.-Projekts an der Bauhaus-Universität Weimar kehrt sie mit einer neuen, poetisch wie eindringlichen Werkserie in den Ausstellungsraum zurück.
Die Ausstellungsvorbereitungen wurden durch einen Austausch mit der Kuratorin Ewa Meister begleitet.